16.03.2016 - Festung und Kamelsafari
 

Beim Frühstück habe ich interessiert dem Treiben in der Schule direkt gegenüber zugeschaut. Von oben hatte ich besten Einblick auf den Schulhof. Also zumindest beim Rumtoben auf dem Schulhof unterscheiden sich indische Kinder nicht von denen hier bei uns. Jungs und Mädchen rennen die ganze Zeit rum und machen Lärm. Jungs ärgern Mädchen und Mädchen ärgern Jungs. Dann wurde geklingelt, bzw. ein Lehrer schlug mit nem Eisenteil gegen ein anderes Eisenteil. Boing boing boing schepper. Das war zumindest für die Schüler das Signal zum Aufstellen. Jetzt wurde sich begrüßt. Good Mooorning Miss Schalalalala-irgendwas. Danach wurde gesungen. Könnte die Nationalhymne gewesen sein. Die Kinder standen zumindest richtig stramm. Dann wurde gebetet. Und dann gabs irgendwelche Ehrungen. Es wurden einzelne Kinder aufgerufen die dann nach vorne gekommen sind und ein Lob, einen Händedruck und noch ein Präsent bekommen haben.

Dann war die erste Schulstunde auch rum und ich musste mich jetzt auch mit Anil treffen.

Wir sind dann zum Jaisalmer Fort gefahren. Der große Komplex auf dem Hügel ist jetzt kein Fort im eigentlichen Sinne, sondern eher eine Art Stadtteil der bewohnt ist mit vielen kleinen Geschäften, Lädchen, Wohnhäusern, Tempeln und ein paar Restaurants. Das alles aber eingefasst in fette Festungsmauern.

 

 

 

Anil hat auf halber Höhe geparkt und ich habe das Fort durch das Haupttor geentert. Es ist jetzt auf gewundenen Wegen noch ein Stück bis innerhalb der Mauern. Die Pflastersteine waren durch die vielen Füße und Tuktuks ziemlich abgewetzt. Ich habe mir noch gedacht wenn das hier mal regnet dann legt man sich hier ganz bestimmt ganz dolle auf die Nase. Und da biege ich um die nächste Kurve und da sitzt eine Arbeitskolonne Männer auf dem Boden die mit Hammer und Meißel wieder neues Profil in die glattgewetzten Steine klopfen. In echter Handarbeit wurden hier viele kleine Riefen in die Steine gehauen. Die Stein-Klopf-Brigade.

In der folgenden Zeit bin ich dann kreuz und quer durch die Gegend marschiert. Die ganzen Ladenbesitzer haben natürlich immer versucht einen in die Läden zu kriegen. Ein freundliches Neindanke auf ihre Ansprache haben aber alle akzeptiert. Es waren keine penetranten Nachläufer hier. Das war recht angenehm.

An ein paar Stellen gibt’s Viewpoints von denen man von der Mauer einen guten Überblick über die Umgebung hat. Allerdings ist der Blick über Jaisalmer nicht allzu spektakulär. Allerdings wars doch in der Ausdehnung größer als ich gedacht hätte.

Aus dem Fort raus kann man direkt in die Altstadt abbiegen. Am Fuß des Fort entlang und dann mitten rein ins Gewühl konnte man sich durch die Gassen treiben lassen. Unendlich viele kleine Lädchen, Gemüsestände am Weg, Kühe die im Weg standen und Mopeds die sich durch die Fußgängermeute geschoben haben.

Es gab auch noch das eine oder andere prunkvolle Haus welches unvermutet plötzlich vor einem stand. Wo ich letztendlich gelandet bin kann ich jetzt in Nachhinein garnicht mehr nachvollziehen. Auch mit google Maps kann ich nur noch grob nachvollziehen wo ich überall war. Ich weiß nur noch, das ich später irgendwann rumgedreht bin, als ich vor einem Stadttor stand und das was ich dahinter sehen konnte sehr uninteressant aussah. Da in der Gegend (ich weiß noch das da ein Microsoft-Laden auf der Ecke war!) stand auch noch ein feudaler Palast, der wohl ein Hotel war. Ich bin da mal hin und habe mir ein paar Gebäude und Höfe angeschaut. Irgendwo standen noch ein paar Pferde herum, die direkt auf mich zukamen und ganz dreist Streicheleinheiten forderten. Natürlich habe ich mich um die Tiere gekümmert was dann aber wiederum irgendeinen uniformierten Herren auf den Plan gerufen hat, der meinte mich wegscheuchen zu müssen. Schade. Die Pferdchen waren auch ganz traurig als ich schon wieder gehen musste. Scheinbar war ich irgendwo über eine Schranke zuviel geklettert und war bei Polizei oder Militär im Pferdestall gelandet :)

 

 

 

Zurück habe ich zur Sicherheit den gleichen Weg gewählt wie hin. Alleine das war

schon schwer zu finden, weil die Gassen aus der anderen Richtung alle irgendwie komplett anders aussahen. An der Festung habe ich dann auch Anils Auto gefunden, nur Anil war nicht da. Der hatte sich wohl für die Wartezeit aus der Sonne raus in eines der Restaurants rundherum verzogen. Ich habe ein wenig am Auto gewartet. Als es mir dann aber in der Sonne auch zu warm wurde, habe ich mal Anils Mobilnummer ausprobiert. Er klang schon sehr überrascht als er sich meldete. Er wäre sofort da. Und keine 2 Minuten später stand er auch vor mir.

So. Fort und Stadt abgehakt. Die Kamel Safari war erst später am Nachmittag. Also hat Anil mich zum Hotel gefahren und wir haben uns für 17 Uhr wieder verabredet.

Später um 5 wollte Anil nicht bis zum Hotel fahren. Er wollte mich um die Ecke in der Zufahrtsstraße treffen. Offenbar wollte er unter allen Umständen vermeiden, das er als Abholer zur Kamelsafari erkannt würde. Im Auto fragte er auch noch, ob mich im Hotel jemand darauf angesprochen hätte. Nein hatte keiner. Anil war erleichtert

Wir sind schnell aus der Stadt raus auf einer immer schmaler und schlechter werdenden Straße in Richtung Wüste gefahren. Eigentlich waren wir ja schon die ganze Zeit in der Wüste. Aber jetzt wollten wir wohl zu einem Teil „richtiger“ Wüste mit echten Sanddünen fahren. Dort wären dann auch die Kamele beheimatet. War schon ne gute Strecke. Das mit den 40 oder 50 Kilometern kommt wohl echt hin. Während der Fahrt bekam ich noch ein Briefing. Ich solle bitte nicht mit anderen Leuten darüber sprechen wieviel ich bezahlt hätte. Ich hätte ja den Superspezialpreis bekommen und die anderen sollten nicht erfahren „wie wenig“ ich bezahlt hätte. Da würden sich die anderen Leute nur ärgern und die würden sich beschweren. Ach so. Na gut. Ich habe das Spiel mitgespielt und natürlich gesagt, wenn mich einer fragen würde, würde ich irgendeinen utopisch hohen Preis nennen.

 

 

 

So penibel wie Anil damit beschäftigt war, die Details der Tour unter Verschluss zu halten, könnte ich mir schon vorstellen, dass er sich die Kohle mit den Leutchen aus dem Kamelcamp geteilt hat und ein guter Teil in seine Tasche gewandert ist. Soll mir jetzt eigentlich egal sein. Wenn er da einen Deal gemacht hat und selbst was verdient hat, ok, wen juckt es. Ich hätte es nur unverdächtiger gefunden, wenn er nicht so ein Geheimnis drum gemacht hätte.

Später beim Camp angekommen kannte da jeder jeden. Es waren noch andere Taxifahrer dort die Kunden angeliefert hatten und jeder war mit jedem sofort mit Handschlag und Begrüßung per Du. Anil wurde auch namentlich von den Kamel-Leuten begrüßt. Man kennt sich halt. Anils Provision wird wohl entsprechend ausgefallen sein. Und was mit dem Geld für den Extrasprit geworden, da habe ich auch meine Zweifel dran. Aber wie gesagt, es soll mir egal sein.

Dann habe ich „mein“ Kamel kennengelernt. Das Tier war allerdings offensichtlich nicht unbedingt begeistert mich kennenzulernen. Beim ersten Aufstieg wär ich fast hinten runtergefallen. Ich hatte nicht erwartet das das Kamel so energisch schnell aufsteht. Natürlich gabs auch einen Führer. Der hat das Kamel nun durch die Sanddünen geleitet.

Die Umgebung war schön. Irgendwie habe ich noch nie schöne große Sanddünen gesehen. Ne. Stimmt nicht. In Neuseeland bin ich mal eine mitm Schlitten runtergefahren. Aber die war ja nicht in der Wüste. Also zählt die nicht mit.

Der Ritt auf dem Kamel war allerdings nicht so dolle. Die ganze Zeit habe ich gedacht das ich gleich runterfallen werde und habe die ganze Zeit nach allem gesucht wo ich mich dran festhalten könnte. Gab aber nix. Aus dem Sattel ragte vor mir nur ein kleiner Knauf raus, an dem ich mich krampfhaft festgeklammert habe.

Hat schon mächtig geschaukelt da oben. Offenbar hatte das Tier Kohldampf. Bei jedem Busch an dem wir vorbeikamen machte es spontan Halt und fraß erst mal. Da konnte der Mann vorne soviel ziehen wie er wollte. Das Kamel hat gemütlich gemampft. Man kann es aus diesen Zeilen herauslesen. Wohl gefühlt habe ich mich nicht.

 

 

 

Das ging so ca. ne Stunde so. Dann waren wir auf einer der größten Dünen der Umgebung angekommen und jetzt hieß es erstmal auf den Sonnenuntergang warten. Hier waren auch noch etliche andere Leute schon versammelt. Die müssen aber von einer anderen Tour gewesen sein, weil die habe ich später beim „Folkloreprogramm“ nicht mehr wieder gesehen.

Als es so unaufhörlich auf den Sonnenuntergang zuging zog sich der Himmel immer weiter zu, so dass man nur noch grau sehen konnte. Hm. Doof. Der Guide meinte dann auch das es sich nicht lohnen würde noch länger hier zu bleiben, er könne aber einen längeren Weg zurück nehmen, so dass wir dann auch zusammen mit den anderen ankommen würden. Das war OK, hat mir aber dann auch nochmal Extrazeit auf meinem grunzenden und gluckernden Kamel beschert. Zumindest ist später der Himmel noch aufgerissen und ich konnte den Sonnenuntergang zwischen den Dünen vom erhöhter Position vom Rücken des Kameles beobachten. War auch ganz schön.

Als wir dann wieder im Camp waren trudelten auch nach einer kurzen Zeit andere Leutchen aus allen möglichen Richtungen per Kamel ein. Alle wurden nun in einem Hof zum großen Sitzkreis, oder besser hier Sitzviereck, angeordnet und nun begann das "Folkloreprogramm" wie ich es nennen würde. Es gab ne Kapelle aus drei Herren, die dann Musik gemacht haben. Einer der Drei hat auch viel erzählt. Allerdings nur auf Hindi, so das ich den ganzen Abend nur Bahnhof verstanden habe.

Die Musik war teilweise so schräg, das ernsthaft Gefahr einen akuten Ohrenblutens bestand. Vor allem der an der Tröte spielte manchmal so, wie als wenn eine Katze misshandelt würde. Dann kam eine Frau dazu, die dann mit ein paar Pötten auf dem Kopf zu der Schrammelmusik getanzt hat.

 

 

 

Zum Glück gab es hier auch was zu trinken. Ohne Alkohol hätte ich die Folter nicht ausgehalten. Ich glaube das Ganze ging fast ne Stunde. Kurz nachdem das Musikprogramm dann zu Ende war, wurde noch ein Buffet aufgebaut und es gab Abendessen. Das war auch schon so gegen 21 Uhr. Nachdem ich was gegessen hatte ist Anil aus der Versenkung aufgetaucht und fragte ob wir fahren sollten. Das habe ich dankend bejaht und so sind wir dann wieder die kleine Wüstenstraße zurück nach Jaisalmer gefahren.

Wir haben noch zwei Leutchen mitgenommen, die nach Jaisalmer zum Bahnhof wollten. Anil fragte mich ob ich was dagegen hätte wenn er die zwei mitnehmen würde. Nein hatte ich ganz und garnicht. Ich vermute mal, an den Beiden hat er auch noch ein paar Rupien verdient.

Am Ende hat sich die Fahrt in der Dunkelheit doch noch ziemlich gezogen und ich war froh irgendwann so um 22 Uhr beim Hotel zu sein. Klasse war, das die im Restaurant noch geöffnet hatten. Ich habe sogar noch ne schöne Portion Kartoffeln bekommen. Ich musste nochwas essen, weil ich beim Kamelcamp an dem vegetarischen Bufet nicht so richtig was gefunden hatte und nur ne kleine Miniportion gegessen hatte. Die Cumin-und-andere-Gewürze-Kartoffeln waren wieder echt gut. Um 23 Uhr haben die dann zugemacht. Meinten sie würden jetzt gehen, ich könne aber gerne so lange sitzen bleiben wie ich wolle.

 

 

 

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