So jetzt bin ich auch in Varanasi
angekommen.
Nachdem ich Anil gestern Mittag verabschiedet hatte, habe erst
einmal einen Tag in einer unwirklichen westliche Welt Luftblase
verbracht.
Nachdem ich an Nachmittag von meinem Ausflug mit der Metro
wohlbehalten zurück war, Gabs im Holiday Inn erst mal Pizza mit
Schinken, Käse, Chicken, Zwiebeln, Salami ....... Zu meiner Schande
muss ich gestehen, das ich direkt mal zwei davon gefuttert habe.
Das Zimmer .... Riesig, weiches Bett, Ruhe. Wenn um 10 Uhr der
Wecker nicht geklingelt hätte, ich würde da immer noch liegen.
Und westliche Pop Musik. Bis ich es gehört habe wusste ich nicht wie
ich s vermisst habe. Beim Checkout lief Paul McCartney und ich habe
mitgepfiffen. Das hat die gute Frau am Schalter sehr irritiert :)
Mein persönlicher Shuttle bringt mich zum Flughafen. Einchecken und
alles ist erschreckend normal. Allerdings muss ich für drei Kilo
Übergepäck ganze 10 Euro bezahlen. Skandal.
Durch die Sicherheitskontrolle durch (mein Gürtel durfte bleiben,
die Schuhe auch) stellt man fest das der Inder gerne die persönliche
Kontrolle bevorzugt. Wer traut schon diesen Scannern da. Also mit
dem Handgerät penibel gefilzt. Aber nix gefunden.
Im Flughafen dann gewohnte Kost. Mc Donalds, kfc, Costa Coffee.
Ich denke ich bin im Flughafen von London. Kein Unterschied
auszumachen.
Und dann weiß ich wieder das ich in Indien bin. Am Gate steht erst
mal nirgends wo man hin muss, dann wird irgendwas geboarded, ich bin
bis zuletzt nicht sicher das ich richtig bin. Dann kommen Busse.
Allerdings zu wenig. Die Hälfte der Leute steht aufm Flugfeld.
Herrlich!
Aber irgendwie geht es dann doch und der Flieger hat am Ende auch
nur ne halbe Stunde Verspätung.
Angekommen.
Ja irgendwie. Im Lonely Planet steht Varanasi stellt einen auf die
Probe. Ja zumindest auf die Geduldsprobe. Der Flughafen Varanasi hat
erst mal soviel mit Varanasi gemein wie Frankfurt Hahn mit
Frankfurt.
Naja. Ok. So schlimm isses nicht, aber 30 km ist der Flughafen schon
von der Stadt entfernt.
Im Hotel bekomme ich genaues Briefing. Diese wlans gibts, das sind
die Passwörter, Tempel hier, ghats hier. 18.30 Zeremonie hier, 05.00
Uhr Zeremonie hier (diese Zeremonie habe ich schon direkt abgesagt).
Ich gehe in mein
Zimmer. Ich lege mich aufs Bett und bin innerhalb von Minuten weg.
Wie kann rumreisen, rumsitzen, auf den Flieger warten, fliegen und
dann Taxi fahren so anstrengend sein? Eventuell liegst auch an der
tollen Temperatur hier. In Varanasi sinds 32 grad. Da kann sich
Delhi noch ne Scheibe abschneiden.
Als ich wieder fit bin mache ich mich
auf zum Orientierungslauf. Einmal die Straße runter. Is nicht
schwer, man muss nur lebend ankommen. Dann durch den großen Basar
und schon steht man am Wasser. Der Ganges. Die Sonne schickt sich an
gerade unterzugehen. Eigentlich isses hier ja recht idyllisch. Alle
Typen die mir Bootsfahrten, Handmassagen, Kopfmassagen, Rasuren und
bunten Plastiktinnef andrehen wollen kann ich mittlerweile
routiniert hinter mir lassen.
Ich gehe vom
Hauptghat südlich weiter. Nach relativ kurzer Zeit steigt mir schon
der Duft von Holzfeuer in die Nase. Und um die nächste Ecke sehe ich
es. Ich bin beim Verbrennungsghat angekommen und gerade brennen hier
5 Feuerstellen. Unglaublich. Von vielen Leuten werde ich quasi
eingeladen näher zu kommen und mir alles von ganz nah anzusehen. Ich
kann gerade noch widerstehen. Mein Platz etwas weiter weg mit genug
pietäts-abstand reicht mir.
Natürlich kann ich nicht anders als ein Foto zu machen. Aber nur
eins. Dann wird ein neuer Haufen angezündet und kurze Zeit später
wird eine Bahre mit einem in bunte Tücher eingewickelten Leichnam
gebracht, der mal eben schnell wie ein Rollbraten aufs Feuer gelegt
wird. Hier an dieser Stelle habe ich die Besichtigung abgebrochen.
Habe auch keine Fotos mehr gemacht sondern mich irgendwie .... Ich
weiß nicht wie ich es sagen soll .... Beschämt .... Abgesetzt.
Wo der Tod bei uns ja doch etwas sehr
privates ist, wird hier in Varanasi der Tod öffentlich zelebriert.
Und jeder schaut zu. Das ist schon vom Grundkonzept her gänzlich
anders wie die westliche Welt.
Tja. Und des Rest von Abend habe ich an
anderen Ghats die abendlichen Zeremonien mit viel Musik und Qualm
und Räucherstäbchen und Priestern angeschaut. Das war wie ein
Volksfest. Nur das da wirklich viele Leute Zwischendrin standen die
ernsthaft am beten waren.
Varanasi stellt einen auf die Probe.
Unrecht hat der lonely Planet nicht. Was soll ich von brennenden
Leichnamen halten, zu deren Verbrennung ich quasi zugebeten werde?
Was soll ich vom abendlichen Basar halten wo ich auf jedem Meter
fast plattgefahren werde?
Ich muss morgen im hellen mal ne Bootsfahrt machen und mir das mal
vom Wasser aus ansehen. Vielleicht ergibt das ja dann ein Bild.
Gruß
Wieder aus dem indischen Leben mit viel Hupen und vielen Tempeln die
nachts Radau machen.
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