03.03.2016 - Sightseeing Neu und Alt Delhi
 

Jetzt bin ich mir sicher, das ich mich mit Anil für um 11 Uhr verabredet habe. Kurz vor 10 war ich interessanterweise schon wieder halbwegs fit, so das ich auch noch ein wenig vom Frühstück im Hotel mitnehmen konnte. Das Restaurant oben auf dem Dach konnte mich zumindest noch mit Kaffee und ein paar Früchten versorgen. Das war jetzt voll OK.

Von oben hat man auch einen schönen Blick auf die Gupta Road unter sich. Inklusive Abgase und Verkehrlärm. Nach Erstversorgung mit Koffein habe ich mich dann nach unten begeben und meinen ersten Schritt in die indische Wildnis gewagt. Was soll ich sagen. Das brüllende Leben. Ich bin zur Einstimmung mal nach links und rechts jeweils 50 Meter die Gupta Strasse hoch und runter gegangen und habe die Umgebung begutachtet. Also ein Hort der Ruhe wars zumindest nicht. Und hübsch und gepflegt sah es nun auch nicht aus. Eher gebraucht und abgenutzt. Grau dreckig. Manche Gebäude sahen aus wie ausgebrannt. Das wird aber nur so ausgesehen haben denke ich.

Ich habe mich nun einfach mal 15 Minuten ruhig in eine Ecke gestellt und den Verkehr beobachtet. Alleine dabei gab es schon Szenen wo ich normalerweise den Fotoapparat auf Dauerschuss hätte haben müssen. Nebenbei habe ich auch festgestellt wie das in Indien mit der Straßenüberquerung funktioniert. Bestimmt und mit festem Blick vorwärts durch die kleinen Lücken marschieren. Manchmal abwehrend die Hände hochhalten oder Tuktuks und Mopeds per Handzeichen anzeigen, wo, vorne oder hinten, sie nun an dir vorbeibrausen sollen. Und ich hatte auch schon festgestellt, das ich, wenn ich was zu trinken haben wollte, ich wohl oder übel auch auf die andere Seite der Straße musste. Den Spaß habe ich mir dann aber für später aufgespart.

 

Punkt 11 Uhr flog Anil ein. Zuerst gabs im Auto nochmal eine offizielle Begrüßung und dann kam Anil auch schnell zur Sache. Wir machen heute "Delhi angucken" und er hätte auch schon die Programmpunkte zusammengestellt.

OK. Ein wenig musste ich noch versuchen herauszufinden wie weit denn der Service von Anil geht, was er macht und was nicht. Daher habe ich freudestrahlend zugestimmt und gesagt : Fahr zu. :)

Jetzt bei Tag war die Fahrerei durch die Stadt noch um einiges aufregender. Jetzt waren die Straßen endgültig vollgestopft mit Fahrrädern, Rikschas, Autos, Tuktuks und und und. Auf unserem Weg durch die Stadt kamen wir auch durch diverse Ecken von Old Delhi, mit Basaren, großen Kreisverkehren mit alten Uhrentürmen in der Mitte und offenbar sowas wie Gewerbestraßen, wo entlang des Weges nur kleine Lädchen für Leitern, Ziegelsteine, Zement, Sand, Dreck aller Art und Ochsentransporte waren.

Das war aus dem Auto heraus unglaublich interessant anzuschauen. Zuerst hatte ich ja das Gefühl das hier alles dreckig und heruntergekommen war. Aber irgendwie findet man das nach relativ kurzer Zeit vollkommen normal und (ich habe es auf jeden Fall) akzeptiert, das dies das ganz normale Bild in Indien ist.

Als ersten Programmpunkt gab es heute das Rote Fort von Delhi. Das Fort ist eine riesige Befestigungsanlage inmitten der Stadt, die von den Briten als Kaserne genutzt wurde aber ursprünglich eine Mogulstadt war. So sagt es zumindest Lonely Planet.

Auf dem Parkplatz vom Fort angekommen gab es dann auch erst mal eine Einweisung von Anil: Also wir sind jetzt hier beim Fort. Der Eingang ist hier auf dieser Seite einmal ums Fort herum. Dort findest du auch die Ticketschalter. Dann schaust du dir das Fort an und wenn du damit fertig bist kannst du direkt gegenüber den Basar anschauen und wenn du diesen Basar dann durchgehst, kommst du zur großen Moschee, die Türme hat du eben schon gesehen als wir gefahren sind. Und wenn du dann mit allem fertig bist, kommst du zurück zum Parkplatz wo ich dann genau hier auf dich warte.

  

  

Puh. Das war aber mal ein Pensum. Zumal man von der Mosche nur so vage die Türme irgendwo in der Ferne sehen konnte. Ich hatte so ein kleinwenig das Gefühl, das Anil mich testen wollte, in wie weit ich sein Briefing verstanden hatte und in wie weit ich mich selbstständig bewegen konnte. Obwohl ich nun garnicht darauf vorbereitet war irgendwie größere Strecken alleine meinen Weg zu finden (Handy mit Google Maps und sonstige Kartenhelferlein langen sicher im Hotel) habe ich gesagt : Alles OK, ich bin dann mal weg.

Vom Parkplatz aus muss man wirklich einmal fast um das Fort rumgehen bis man am "Lahore Gate" am Eingang ist. Ticket kaufen war einfach. Hier habe ich nun das erste Mal vom Ausländerschalter erfahren. Nicht-Inder müssen beim Ticketkauf immer an einen extra Schalter und müssen auch extra viel bezahlen. Wo der Inder lächerliche 5 Rupien bezahlt, bezahlt der Ausländer 250 oder auch schon mal 500 Rupien.

Bei der anschließenden Sicherheitskontrolle sind dann alle wieder gleich. Jeder wird gleich lustlos am piependen Scanner unkontrolliert durchgewunken.

Innerhalb des Forts, bzw. innerhalb der Befestigungsmauern stehen viele verstreute Gebäude die im Stil eines gemeinsam haben. Sie bestehen aus recht vielen Säulen und sind reich verziert. Alles sehr toll anzusehen.

Ich bin ein wenig rumgewandert und nach einer kleinen Pause habe ich das Fort dann verlassen und bin schnurstracks zur großen Kreuzung mit dem sich anschließenden Basar marschiert. Hier waren auch jetzt das erste Mal viele neue Freunde, die mir viel Gutes tun wollten. Eine Rikscha Fahrt oder eine Führung oder oder oder. Die Jungs waren aber alle freundlich und haben eine entschiedene Ablehnung meinerseits (fast) immer akzeptiert. Waren nur ganz wenige die mich recht penetrant verfolgt haben und alle Zeichen der Ablehnung ignoriert haben.

Anil hatte mir noch auf den Weg gegeben das ich bitte gut auf meine Sachen aufpassen sollte. Wobei ich jetzt bei allem überhaupt nicht das Gefühl hatte, das spezialisierte Klaubanden jetzt auf mich Jagd machen würden.

Nachdem ich heil die Straße überquert hatte stand ich direkt im Basarleben drin. Herrlich ! Gefühlt Tausende und Abertausende Menschen wuseln herum und haben scheinbar alle eine Aufgabe. Von allen Seiten wird man angerufen "Hey my friend come into my shop !" und an wirklich jeder Ecke und auf jedem Quadratzentimeter Bürgersteig findet man Läden und Waren. Alles natürlich solch fürchterlicher Nippes den ich nicht mit der Kneifzange anfassen würde. Aber fürchterlich interessant alles.

  

  

Ich bin diesen Chandni Chowk Basar jetzt eine ziemlich lange Strecke geradeaus hochgegangen. Aber irgendwie wollte da nun keine Moschee kommen. Ich hatte immer noch im Kopf das das Ding "Jama Masjid" hieß. Als ich dann so langsam keine Lust mehr hatte zu laufen, habe ich mir einen Rikscha Fahrer mit seiner Mofa Rikscha geschnappt und versucht ihm klarzumachen das ich zu diesem Masjid Ding hinwolle. "Dingsbums Masjid, big Mosque". Irgendwann ging ihm ein Licht auf und er nickte eifrig mit dem Kopf. 50 Rupies (ca. 60 Cent) fand ich jetzt auch nicht schlecht, also bin ich aufgestiegen.

Die nächste Zeit haben wir uns zusammen mit ganz vielen anderen Rikschas, Mopeds, Fahrrädern, Tuktuks und Ochsenkarren durch den Verkehr gequält. Ich kann sagen ich habe mich da hinten drauf sowas von amüsiert, das kann ich fast nicht beschreiben. Am Ende vom Basar (Ende = T-Kreuzung) fuchtelte der Fahrer dann zu irgendeinem Gebäude. Ich konnte zumindest sehen, das da auch Masjid dranstand. Es keimte in mir aber schon der Verdacht, das das nicht der Ort war wo ich eigentlich hingewollte hatte.

Wie ich später feststellte war ich zwar auch an einer Moschee gelandet, aber nicht an der "großen" Moschee sondern an einer mit dem Namen "Fathepuri Masjid". Knapp daneben. Ich habe mir die Moschee mal angesehen (Schuhe ausziehen bitteschön), war da aber recht zügig mit fertig.

Der Basar hier oben war noch recht interessant. Hier gabs jetzt keine komischen Klamotten mehr sondern nur noch zu großen Türmen aufgeschüttete Nüsse, Körner, Pfeffer, Koriander und alle möglichen Trockenfrüchte. Das war noch ganz nett zum Durchschlendern.

Habe da oben noch ein wenig die Gegend durchstreift, dann aber beschlossen das ich für den Tag eindeutig genug gelaufen war. Daher habe ich mir wieder eine Rikscha geschnappt (diesmal Fahrrad-Rikscha) und mich zurück zum Red Fort bringen lassen. Red Fort war offenbar bekannt genug als Ziel, so das ich diesmal auch da angekommen bin wo ich hinwollte.

Gegenüber vom Fort-Eingang habe ich noch eine Pause im Schatten eingelegt und bin dann später zum Auto gehumpelt. Ich hatte heute Sandalen an und hatte mir in den Dingern mittlerweile schon eine amtliche Blase gelaufen. Ich wollte das Laufpensum für den restlichen Tag nun ein wenig einschränken. Und ab morgen werden die bequemen Nike Treter aktiviert.

Zurück am Auto gabs dann das große Interview von Anil : Wie war es, was hast du alles gesehen, alles OK ? Natürlich war alles OK, und natürlich war alles klasse und natürlich hatte ich alles gesehen. Ich habe ihm natürlich nicht auf die Nase gebunden das ich die große Moschee knapp verfehlt hatte. So im Nachhinein war ich mir nämlich sicher, das ich seine Instruktionen am Ende nicht mehr so aufmerksam verfolgt hatte und wahrscheinlich den dezenten Hinweis darauf, das ich auf dem Basar an einer der großen Kreuzungen nach links hätte abbiegen müssen wohl einfach überhört habe.

Ich bin ja nach Ende der Tour nochmal einen Tag in Delhi. Und da habe ich mir vorgenommen, es an diesem Tag mit der großen Moschee nochmal zu versuchen. Aber davon brauchte Anil nix zu wissen :)

  

  

Ich denke das dies der Punkt war wo Anil jetzt wusste, das er nicht groß Babysitter spielen musste, sondern sicher sein konnte das ich mit knappen Instruktionen ausgestattet ganz gut alleine klarkommen würde. So hat sich denn auch der Rest unserer Tour gestaltet. Fort, Tempel, Palast angefahren, Ticketschalter ist da, Weg in die Stadt ist dort, bis später. Ich fand das recht angenehm. Mir hätte es nicht gefallen wenn er mir auf Schritt und Tritt gefolgt wäre um den Aufpasser zu spielen.

Jetzt war schon später Nachmittag und ich brauchte unbedingt was zu futtern. Anil fragte kurz die Rahmenbedingungen ab : Nobel oder normal ? Teuer oder billig ? Vegetarisch oder Fleischfresser ? Und mit den Vorgaben "normal", "billig" und "Fleisch" hat er mich dann irgendwo in Delhi (keine Ahnung wo er da hingekurvt ist) zu nem Lokal gebracht. Er kannte da irgendwie alle und es wurde sich mit Handschlag begrüßt und offenbar haben auch andere Taxifahrer Touristen hier abgeladen. Es waren aber auch andere Inder hier zum Essen, also wars keine komplette Touristenfalle. Eigentlich wars überhaupt keine Touristenfalle. Es war nämlich echt lecker und es war echt billig.

Anil hatte mich losgeschickt mit dem Auftrag bitte einmal Garlic Naan und eine halbe Portion Chicken Kadahi (oder so ähnlich) medium spicy zu ordern. LECKER ! Das Essen, ne Flasche Wasser und noch ne Sprite haben zusammen keine 1000 Rupien gekostet. Ich glaube 800 oder so. Er meinte nur, das er auch billigere Läden kennen würde, da könne er aber dann nicht unbedingt für die Hygiene garantieren. Ich habe ihm dann zugestimmt, das ich lieber ein paar Rupien mehr bezahle, dafür aber bedenkenlos alles Essen kann.

So gestärkt ging es jetzt noch zum letzten Tagesordnungspunkt. Dem Mahadma Ghandi Memorial. Hier wird der Ort geehrt, an dem Mahadma Ghandi damals verbrannt worden ist. Da wurde ein riesiger Garten angelegt und an der Stelle wo das Verbrennen stattgefunden hat ist ein großer schwarzer Marmor(?) Quader mit ewiger Flamme aufgestellt. Irgendwie war das in der Einfachheit wirklich sehr gelungen.

Man musste am Eingang seine Schuhe ausziehen und einem Schuhwächter zur Verwahrung geben. Beim Rausgehen wollte der Schuhmann dann eine "freiwillige" Spende von mir. Das stand natürlich nirgendwo. Das Mahnmal ist eigentlich umsonst. OK, die 20 Rupien sind jetzt nicht der Rede wert, aber irgendwie ging es mir jetzt nach ein paar Stunden schon auf den Keks das an jeder Ecke die Hand aufgehalten wurde. Und hier kam ich auch garnicht drumherum was zu bezahlen, schließlich hatte der Mensch ja meine Treter als Pfand. Wenn man schon keine Zwangsgebühr für irgendwas erfinden konnte, dann gabs halt die Allroundwaffe der "freiwilligen" Spende. Jetzt wusste ich auch warum jeder immer sagte man solle möglichst viele kleine Scheine (10er, 20er) dabei haben. Die wird man schneller los wie einem lieb sein kann.

So und jetzt war der Tag zu Ende. Zumindest hat Anil es so verfügt. Ich hätte ja noch irgendwas anderes anschauen können, aber Anil meinte es reichte für heute. Wir waren dann so um ca. halb 6 am Hotel und um ehrlich zu sein, fand ich jetzt auch das es für heute genug war. Ich war heute deutlich mehr gerannt als mir lieb war und ich musste jetzt erst mal ernsthafte Verarztungen meiner Füße vornehmen.

  

Zu Anils Ehrenrettung muss ich aber noch sagen, das ich später herausgefunden habe, warum laut Anil der Tag um 17 Uhr zu Ende war. Alle Sehenswürdigkeiten, Tempel, Paläste, Memorials .... machen um 16.30 Uhr oder 17 Uhr zu ! Wenn es nicht gerade irgendetwas öffentliches ist oder ein Park oder so etwas, dann ist da meist um spätestens 17 Uhr Sense. Von daher war die Info das man später am Tag nichts mehr machen kann von Anil garnicht so falsch.

Im Hotel habe ich dann erst mal richtig gesehen was für ne fette blutige Blase ich am Zeh hatte und habe erst mal (ich habe ja schließlich alle Folgen Emergency Room gesehen und mein Schweizer Taschenmesser dabei) ne kleine Operation am offenen Zeh vorgenommen.

Ab sieben Uhr habe ich mich dann zum Dachrestaurant begeben, Bilder gesichtet, Mails geschrieben, Bierchen getrunken und dann schließlich noch die Küche getestet. Auch sehr lecker. Knusprig verkohltes Tandoori Hühnchen aus dem Holzkohleofen. Und der Abend mit Essen und Bier hat auch nicht wirklich Geld gekostet.

Später im Bett hatte ich den Eindruck jetzt schon längere Zeit in Delhi zu sein. Dabei war das immer noch der erste Tag. Wow.

Live Bericht vom Abend des 3.3.
 

Flug und ankommen
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Delhi Sightseeing Teil 2