08.11.2009 - Harlem und Bruce
 

So gegen Mittag waren die schlimmsten Schäden des Vortages (aua Füße und zu wenig Schlaf) auskuriert. Das Hotel war recht ruhig. Ich hatte also wirklich die Gelegenheit bis gegen Mittag zu pennen, ohne durch allzuviel Krach aus dem Bett geschmissen zu werden.

Als ich auf die Straße trat, hatte ich sofort einen ziemlich guten Duft von gegrilltem Fleisch in der Nase. Der Grund dafür war um die nächste Ecke zu finden. Die hatten auf der Madison Avenue nen Markt aufgebaut mit vielen Ständen voll Nippes und Trödel und auch sehr vielen Fressständen. Mehrere Blocks lang war die Straße gesperrt und es waren Marktbuden aufgebaut. Ich hab mich auch ein paar Straßen lang treiben lassen und mal hier mal da geschaut, bin dann aber nach links abgebogen und fast auf Höhe des Rockefeller Centers auf der Fifh Avenue rausgekommen.

  

Nach einem flüchtigen Blick auf den Ice-Skateing-Ring da habe ich mir ein Ticket fürs „Top Of The Rock“ gekauft (mittlerweile umgerechnet ca. 15 Euro) und bin schnell mal hoch aufs Dach. Mit schnell meine ich, ich habe die ganzen „Vorstationen“ wie Bildermacher und Filmegucken und sowas ausgelassen, das kannte ich ja schon vom letzten Mal, und bin direkt schnurstracks zum Fahrstuhl und hoch. Was soll ich sagen. Da oben war das beste Wetter überhaupt. Die Sonne hat geschienen, das man fast mitm TShirt hätte rumlaufen können (aber auch nur fast). Zumindest hatte dieses tolle Wetter zur Folge, das man eine ziemlich geniale Aussicht zu allen Seiten hatte.

Ich konnte recht gute Fotos vom Central Park und von der anderen Seite vom Empire State Building machen. Das man vom Top Of The Rock das Chrysler Building nicht so dolle sehen kann (da stehen ein ganzer Haufen Antennen und sonstige Dachkonstruktion im Weg) da hat sich aber immer noch nix dran verändert.

Mein nächstes Ziel war für jetzt mal die Columbia University und später Harlem. Dazu bin ich unten einmal durchs Rockefeller Center durch und hinten raus zur nächsten UBahn der 1,2,3 Linien gegangen. Leider hatte aber wegen der Bauarbeiten am Wochenende die komplette Station zu. Doof. Deshalb musste ich jetzt erst wieder bis runter zum Times Square latschen um dort in die UBahn zu kommen.

Der Times Square wurde übrigens jetzt „verkehrsberuhigt“. Bedeutet, wenn man sich die kreuzenden Straßen mal als X vorstellt, hat man eine Achse des X jetzt für den Verkehr gesperrt und hat die Straße ein wenig angemalt und ein paar Stühle aufgestellt. Naja. So super gemütlich ist das da auch nicht, wenn trotzdem noch links und rechts der Verkehr um einen herumtost. Zumindest wird man als Fußgänger jetzt nicht mehr so leicht totgefahren da, man hat jetzt ein wenig Rückzugsraum :-)

Aus der UBahn an der 116. Straße ausgestiegen, liegt der Campus der Columbia University praktischerweise direkt gegenüber. Geht man durch die Tore steht man fast direkt zwischen den beiden Bibliotheksgebäuden zur Rechten und zur Linken (Low Library und Butler Library). Auch am Sonntag waren recht viele Leutchen hier, die in der Sonne saßen mit nem Laptop dabei und irgendwas am machen waren. Die Statue der Alma Mata war auch umlagert von Leuten. Komischerweise habe ich die Eule, die unter dem Rock hervorluken soll nicht finden können. Hmmm. Hoffe die hat keiner geklaut :-)

  

Ein wenig die Straße runter und dann rechts geht man am St. Lukes Hospital vorbei zur großen Cathedral of St. John the Divine (Amsterdam/112th). Diese Kirche wird immer noch gebaut und soll irgendwann mal die größte (?) Kirche der Welt werden. Angeblich ist das Kirchenschiff, welches jetzt schon existiert so groß das die Freiheitsstatue da reinpassen würde. Wenn man mich fragt aber allerhöchstens umgelegt. Das da über die Jahre immer mal wieder weitergebaut wurde kann man draußen und auch drinnen sehr schon an den unterschiedlichen verwendeten Materialien erkennen.

Drinnen ist die Kirche nicht gerade spektakulär. Es reicht aber gerade so um mal reinzugehen. Als ich da war, war gerade die spanische Messe vorbei, hatte also Glück und konnte mich einigermaßen ungestört da bewegen.

Den benachbarten Skulpturengarten hab ich mir noch angeschaut und bin dann wieder zurück durch eine der Seitenstraßen zum Broadway gegangen. Dort wo ich rauskam, war auch Toms Restaurant, welches durch Seinfeld recht berühmt ist (Broadway/112th Strasse). Hatte eigentlich immer gedacht, das wäre woanders. Naja.

  

Weiter die Straße hoch waren noch recht viele kleine Lädchen mit ganz netten Fress-Sünden. Und ziemlich billig war das hier. Hier hätte man sich durchaus ganz günstig mal sattessen können. Im weiteren Verlauf der Straße wird’s dann ein wenig uninteressant. Es reihen sich diverse große Gebäude von irgendwelchem Instituten und Schools aneinander. Ich hab dann einen Schwenk nach Links zum Riverside Park gemacht und ein paar Schritte weiter steht man dann auch schon vor Grants Tomb.

Dieses Mausoleum wurde zu Ehren des Präsidenten Ulysses S Grant gebaut und die Sarkophage von ihm und seiner Frau stehen auch hier. Das ganze ist noch garniert mit einer kleinen Ausstellung über sein Leben und seiner Stationen als Bürgerkriegsgeneral. Alles in allem recht prunkvoll das ganze Teil. Kann man auf alle Fälle mal hin.

Von hier aus über die Straße und durch den benachbarten Park (Sakura Park) hindurch geht’s an der Musikschule vorbei und nach recht kurzer Strecke steht man an der 125 Straße, dem Martin Luther King Boulevard in Harlem. Das erste was einen hier ins Auge stößt ist die riesige, stählerne Konstruktion der Bahnstation. Ein riesiges Konstrukt, welches sich über eine ganze Kreuzung erstreckt. Irgendwo meine ich gelesen zu haben, das die UBahn hier, wo sie überirdisch ausgeführt ist, so ziemlich ihren höchsten Punkt hat.

Steht man auf dem King Boulevard ist man mitten im Leben. OK, es war Sonntag, aber trotzdem fand ich, das sich hier unglaublich Massen auf den Straßen rumgetrieben haben. Dazu kam noch eine große Anzahl von Straßenhändlern, die teilweise von aufgebauten Ständen oder auch direkt ausm Kofferraum raubkopierte CDs und DVDs oder sonst allen möglichen Plunder verkauften.

Oft habe ich auch gesehen, das sich ne kleine Gruppe Leutchen am Bürgersteig getroffen haben. Dann wurde irgendwas per Handschlag und vielen „Yo Man“-s und „Cool“-s per Handschlag besiegelt (sorry, ich weiß das ist voll das Klischee, aber das war wirklich so) und dann wurden Sachen von Auto A nach Auto B umgeladen und dann waren wieder alle verschwunden. Sehr suspekt.

  

Um es direkt zu sagen, ich habe mich in keiner einzigen Minute irgendwie unsicher gefühlt oder sowas. Das is ne ganz zivilisierte Gegend hier und wirklich nen Besuch wert. Man sollte halt nur damit rechnen, dass der Anteil an hellhäutigen Personen auf der Straße rapide abnimmt. Was man jetzt nicht tun sollte, das ist in irgendwelche unbelebte Seitenstraßen reingehen und mitm Fotoapparat rumwedeln. Aber bei Beachtung der normalen Regeln für den Aufenthalt in einer fremden Gegend gibt’s von mir eine uneingeschränkte Besuchsempfehlung für diesen Bereich von Harlem.

Geht man den Boulevard weiter runter, kommt man irgendwann auch am Apollo Theater vorbei. Das ist wohl recht berühmt und war ja, wenn ich es recht in Erinnerung habe, der Ort, wo James Brown nochmal aufgebahrt worden ist damals.

An einer Ecke habe ich dann mal ne Sitzgelegenheit gefunden und mich einfach mal ne ganze Zeit lang hingesetzt und hab Leute beobachtet. Herrrrlisch !

Irgendwann trifft man auf die UBahnstation der 2,3 Linie an Lennox Av/126th. Ich bin zwar noch ein wenig weiter gegangen, hatte aber den Eindruck, dass der interessante Teil ab der Kreuzung mit der Bahnstation vorbei war.

  

Auf Höhe der Station ist auch das Restaurant „Isabells“, welches wohl eine der abgesagtesten Adressen für „Soulfood“ sein soll. Zumindest ist da ohne Reservierung vorher nix zu kriegen. Es standen auch ne ganze Masse aufgedonnerte Leute da vor der Türe. Da waren sowohl dicke, kleine schwarze Ladys in Klamotten vom letzten Gospel Gottesdienst, hippe jüngere Schwarze, die Klamotten anhatten, die direkt aus dem letzten Shaft-Film importiert schienen (für so unmoderne Farben und Muster muss man bestimmt sehr mutig sein) bis hin zur mega gestylten schwarzen Gazell … äääh …. Traumfrau war da alles versammelt. Der Laden muss wohl wirklich klasse gewesen sein.

Ich hab mich in die Bahn verzogen und bin noch 10 Straßen weiter hoch in die 135. , den Malcolm X Boulevard gefahren.

Nun. Hier war es nun wirklich so, dass ich das einzige Weißbrot war, was noch da rumgelaufen ist. Naja. Was solls. Ich bin nicht überfallen und ausgeraubt worden, also kann ich nix negatives über die Gegend sagen. Ich bin noch in nem Laden gewesen um was zu Essen und Trinken zu kaufen. Ja die hatten endlich mal gute Preise da. Für die Flasche Wasser, wo ich in Manhattan 3 Dollar für bezahle, die habe ich da oben in Harlem für 90 Cent gekauft !!!

Da an der Hauptstraße bin ich noch ein wenig rumgelaufen und dann an der YMCA vorbei mit einem oder zwei Abbiegern zum St. Nicholas Historic District gegangen. Das sind zwei Straßen, wo noch recht alte Häuser (von 1891) stehen, die früher mal als sowas wie die ersten Musterhäuser für irgendeine Architektur oder Bausweise gestanden haben. Recht nett hier. In den Strassen davor und dahinter alles hohe Häuser mit hässlichen Feuertreppen an den Seiten und hier in den beiden Straßen kleine Backsteinhäuser mit Schnörkeln und eigenem kleinen Treppenaufgang. Nett. Lustig waren auch in den Garageneinfahrten (manchmal waren das auch Durchfahrten zu einem Innenhof) alte Schilder mit „Walk your horses“.

Von hier aus wars jetzt auch nicht mehr so weit bis zur Bahnstation an der 135./St. Nicholas mit den A,B,C,D Trains. Ich habe auf dem Plan super auskundschaftet in welchem Zug ich jetzt musste. A-Train, A-Train, A-Train ... Und was mache ich, ich steige natürlich prompt in den falschen Zug ( nein D ist nicht A ) und wundere mich die ganze Zeit, das die Stationen anders heißen wie auf meinem Plan. Ich bin aber tapfer sitzen geblieben und bin erst später mal auf den Gedanken gekommen auf das große Zugschild im Fenster zu schauen wo dann draufstand BRONX. OK. Nun da wollte ich am Abend nun wirklich nicht hin. Eigentlich war eine Fahrt an die Nordspitze der Manhattan Insel geplant, und jetzt war ich fast an der Endstation der Bahn in der Bronx angekommen. Grrr.

Ich bin dann auch nicht mehr raus, sondern auf der anderen Seite vom Bahnsteig direkt wieder in den Zug zurück gestiegen.

Da die Tour aber jetzt nicht ganz umsonst gewesen sein sollte, bin ich auf der Rückfahrt an der 161ten raus und habe mir mal das neue Yankees-Stadion angeschaut. Das sieht ja schon ganz nett aus. Das haben sie schön gebaut. Und ein Hard Rock Cafe haben sie auch direkt mit eingebaut. Die Gelegenheit für ein schönes Sam Adams hab ich direkt mal genutzt. Das alte Yankee Stadium steht übrigens noch direkt nebenan. Ist aber komplett zugehängt außen mit schwarzen Planen und soll demnächst abgerissen werden. Soll ein Parkplatz werden, sehr originell.

Wieder zurück in der UBahn bin ich dann nahe vom Times Square ausgestiegen und habe den Abend mit einem schönen Essen im Hard Rock Cafe am Times Square ausklingen lassen. Dabei gabs noch ne kleine Verwechslung. Der Typ neben mir an der Theke bekam meinen Burger geliefert. Wurde wohl was verwechselt. Ist ja alles garnicht tragisch, kann doch passieren und außerdem hatte ich ja Zeit. Aber die machen dann direkt einen tierischen Aufstand bei sowas. Ich glaube die arme Kellnerin hat da mächtig Ärger bekommen. Und als ich bezahlen wollte, habe ich doch festgestellt das der Typ eines meiner Biere bezahlt hat ! Hier nochmal einen Dank an den anonymen Spender. Wäre nicht nötig gewesen. Aber so sind die Amis. Und dafür liebe ich sie *grins*

Vom Times Square bin ich die paar Meter zum Garden dann noch gemütlich gegangen und dann war wieder Springsteen Time.

Schmankerl heute Abend : Der Boss hat die komplette "River" - Platte von A-Z einmal durchgespielt. Goil. Ich glaube, das hat es so noch nicht gegeben. Waren zwar auch ein paar langweilige Sachen mit dabei, aber im großen und ganzen dürfte man sowas wohl so schnell nicht mehr wieder erleben dürfen.

Das Konzert hat nach weit über drei Stunden dann mit einem nicht enden wollenden "Your Love keeps liftin' me higher and higher" ein fast orgasmisches Ende gefunden (Sorry für die Formulierung, aber so aufgeputscht und in Ekstase habe ich das Publikum in den USA auch noch nie gesehen). Ich kann mit Stolz sagen, das ich an dem Abend bei etwas wirklich sehr Besonderem dabei war. Danke Bruce.

Den abschließenden Fußmarsch zum Hotel habe ich heute Abend auf anderer Route nochmal über den Times Square geführt. Da konnte ich noch ein paar Bilder bei Dunkelheit machen. Fast um 2 Uhr war ich dann im Hotel. Boa. Heute auch wieder echt langer Tag. Gute Nacht.

  

 

 

        Ankommen, Guggenheim und Bruce


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