29.09.2010 - Generalstreik - Flucht nach Jerez und Cadiz
 

Cerrado ! Zu ! Geschlossen ! Dicht ! Das sollte uns heute noch öfters begegnen. Aber erst mal der Reihe nach. Heute wollten wir mal aus der Stadt raus und mal andere Ecken in westlicher Richtung erkunden. Weil : Ab heute hatten wir ein Auto. Außerdem dachten wir, es wäre eine gute Idee heute der Stadt zu entflüchten, weil heute ja der schon weiträumig vorher angekündigte Generalstreik sein sollte.

Schon vor Monaten hatten die Gewerkschaften angekündigt, das heute Generalstreik sein sollte. Aus diesem Grund, weil der Generalstreik auch für den öffentlichen Dienst galt, und keine Polizei, Ambulanzen und ähnliches verfügbar waren, war auch das U2 Konzert um einen Tag verlegt worden.

Und da wir schon vor Monaten das Auto für heute bestellt hatten, wollten wir das auch nutzen und heute mal das Umland erkunden. Wir dachten uns nämlich, das heute auch wohl auf den Straßen weniger los wäre. Zuerst sind wir allerdings zu Fuß los zum Bahnhof Santa Justa, weil da die Hetz Autostation ist. Auf dem Weg dahin haben wir uns aber erst mal bei nem Cafe hingesetzt und den Frühstückscafe eingenommen. Wenn wir nicht gewusst hätten, das heute dieser ominöse Streik war, wir hätten es nicht vermutet. Wuselige Geschäftigkeit allerorten. Also zumindest hier in der Stadt war von Lähmung des Lebens, wie die Gewerkschaft es vollmundig angedroht hatte, nichts zu spüren.

  

Am Bahnhof sind wir erst mal in den Bahnhof rein um da mal zu schauen. OK, hier konnte man den Streik spürbar ergreifen. Kein Zug an den vielen Bahnsteigen, auf der großen Anzeigetafel stand irgendwie in jeder Zeile nur ein Wort. Übersetzt : Fällt aus. Wir mussten uns dann noch schnell aus dem Staub machen, sonst wären wir noch von nem spanischen Fernsehteam eingefangen worden, die sichtlich froh waren, das sich endlich mal jemand in die Bahnhofshalle verirrte.

Später am Mietwagenschalter ging alles recht schmerzlos. Eine der Damen am Schalter war eine in Sevilla lebende Deutsche. Schon aus diesem Grund ging die Übernahme des Autos recht glatt. Einzig das bestellte Navi war nicht da. Wir sollten am Abend nochmal kommen oder morgen früh, dann wäre es hoffentlich eingetrudelt. Als Ersatz gab man uns recht brauchbares Kartenmaterial mit, mit dem das finden von Jerez und Cadiz auch kein Problem darstellte.

Unser Auto war irgendwas von Renault. Kein kleines Auto, war eher in die obere Mittelklasse einzuordnen. Die Größe war schon mal gut. Nur leider zog der in dem Auto verbaute Diesel so gut wie keinen Hering vom Teller. Drückte man aufs Gas, dann legte das Gefährt erst mal ne Gedenksekunde ein um dann sanft mit Traktorgeräuschen aus dem Drehzahlkeller hochzudrehen. Grauenhaft. Sowas ist man als moderner TDI Fahrer garnicht mehr gewohnt.

  

Aber jetzt ab die Reise. Zuerst gings allerdings wieder zum Hotel zurück und es wurden noch letzte Sachen wie Karten und Reiseführer eingeladen. Das Fahren in der Stadt war eigentlich garnicht so schlimm. Es ging irgendwie nach dem Motto "Leben und Leben lassen", obwohl dieses "Leben lassen" durchaus auch mal recht knapp sein konnte. In Kreisverkehren musste man aufpassen, weil da alle kreuz und quer durcheinanderfuhren um von der Innenspur ganz nach außen zur Abbiegerspur zu kommen und umgekehrt. Aber nach ein paar Mal ging auch das ganz locker vom Hocker.

Einzige Schwierigkeit des Tages war im Prinzip nur, in der richtigen Richtung aus Sevilla rauszufinden. Irgendwann hatten wir aber die richtigen Schilder gefunden und es konnte schnurstracks Richtung Jerez de la Frontera abgehen.

  

Autobahnfahren war sehr entspannt. Die allermeisten haben sich recht gut an die Geschwindigkeitsbeschränkungen gehalten. Wir haben uns im Speed den Leuten angepasst und sind sehr locker da mitgefahren. Da muss ich ja sagen, geht es auf deutschen Autobahnen um einiges hektischer zu. A propos Autobahnen. In Spanien gibt es auch sowas wie deutsche Autobahnen. Also gut ausgebaute, durchgehend zweispurige Straßen. Das sind aber oft Mautstrassen. Daneben gibt es sowas wie die deutsche Kraftfahrstraße (benutzt man dieses Wort eigentlich noch?) also eine sehr gut ausgebaute Straße, hier auch meist zweispurig, die nicht mautpflichtig sind. Wenn es Maustraßen und normale Straßen gibt, laufen beide meist parallel zueinander. Eine Zeitersparnis sind die Mautdinger also meist nicht. Höchstens ein Komfortgewinn, da die Mautstrecken tendenziell besser ausgebaut sind.

Wir sind auf den normalen Straßen sehr gut weggekommen. Auf dem Weg nach Jerez haben wir einmal gestoppt und zwar bei Utrera, genauer gesagt bei El Palmar de Troya, um die Kathedrale des spanischen Gegenpapstes zu sehen. Diese "Gegenpapst" ist ein komischer Zausel, der irgendwann mal erklärt hat, das die katholische Kirche korrumpiert sei und von Ketzerei bedroht sei. Daraufhin hat er sich als Papst ausgerufen und mit dem Bau des "zweiten Vatikans" begonnen. Das Ergebnis dieses Baus kann in Form einer vieltürmigen Basilica abseits der Straße begutachtet werden. Leider ist um das ganze Areal, wo dieser Papst mit etlichen seiner Jünger lebt, eine hohe Mauer und viele verschlossene Tore. Eigentlich kann man auch nur von der Straße aus ein wenig sehen. Vom Parkplatz direkt vor der Türe sieht man eigentlich nur hohe Mauern. Laut Reiseführer kann man das wohl auch besichtigen, muss dafür aber ein recht undurchsichtiges Prozedere vollführen, damit einem die Tore geöffnet werden.

  

Wir haben drauf verzichtet und sind stattdessen zügig weiter. Die Landschaft ist, hat man einmal den Dunstkreis von Sevilla verlassen, eigentlich recht trostlos und trocken. Hin und wieder mal ein paar Sträucher und Areale mit kleinerem Bewuchs, aber meist nur Gebüsch und Grasland. Und das noch recht trocken. Je weiter man nach Jerez vordringt, desto öfters stehen Tio Pepe Figuren oder Osborne Stiere auf den Hügeln herum und künden an, das man sich nun im Sherry Land befindet.

Jerez wird schon weiträumig vorher auf Schildern angekündigt und es gibt bestimmt 10 Ausfahrten um nach Jerez zu kommen. Wir haben uns für eine der mittleren entschieden (also zum Beispiel die 5. vom 10) und da ein gutes Händchen gehabt, da nach recht kurzer Zeit die Wegweiser zu den einzelnen Sherry Bodegas nicht mehr zu übersehen waren.

Wir haben dann da wo wir das Stadtzentrum vermuteten unser Auto untergestellt und sind zu Fuß auf Erkundung gegangen. Zuerst haben wir überall die als Fotomotive aufgestellten Sherryfässer gefunden. Danach sind wir allerdings einigermaßen planlos (im wahrsten Sinne des Wortes) rumgelaufen, da auf unserem Stadtplan irgendwie nur jede dritte Straße drauf war und wir irgendwann garnicht mehr wussten, wo wir waren. Allerdings waren wir auch nicht ganz falsch gegangen, denn nach kurzer Zeit standen wir bei der Bodega Tio Pepe vor der Türe. Auf dem Weg sind wir an ein paar Kirchen und einer netten Festung vorbeigekommen. Alles sehr schön gelegen.

  

Die Bodega Tio Pepe erklärte uns allerdings dann per Schild am Eingangstor, das um 14 Uhr die letzte Führung des Tages ist. Und wir hatten gerade 14 Uhr 10 als wir da vor der Tür standen. grrr. Ich meine der Spanier ist für komische Öffnungszeiten bekannt. Aber bei so einem Touristenspot um 14 Uhr den Vorhang fallen zu lassen. Also ich weiß nicht.

Nach dem Reinfall hatten wir keine Lust mehr noch eine andere Bodega zu suchen und wir sind dann auf verschlungenen Wegen wieder zum Auto zurück und haben uns in Richtung Cadiz in Bewegung gesetzt. Ach ja. Nebenbei gemerkt, haben wir in der Stadt so gut wie keinen offenen Laden und keine offene Kneipe gesehen. Die Straßen waren wie leergefegt. Zumindest in Jerez schien der Streik viele Anhänger gehabt zu haben.

Der weitere Weg nach Cadiz war recht einfach. Spätestens ab Jerez war Cadiz auf jedem Wegweiser drauf. Hat man die Stadt fast erreicht, dann gibt es zwei Alternativen, sie anzufahren. Entweder man nimmt in der Höhe von Puerto Real die Abkürzung oder man fährt über San Fernando noch eine kleine Schleife und kommt dann über die kilometerlange und schnurgerade Hauptzufahrtsstraße rein. Wir haben den Weg über San Fernando gewählt. Hat man die wirklich schnurgerade gezogene Zufahrtsstraße erreicht, dann empfängt einen Cadiz mit doch recht sprödem Charme. Man fährt kilometerlang durch unansehnliche Wohnquartiere, Industrieanlagen und Hafenanlegen. Erst gaaanz am Ende dieser Zufahrt, am Placa de la Constitucion erreicht man das historische Stadttor, welches den Eingang zur komplett von der Stadtmauer umgebenen Altstadt von Cadiz freigibt. Ab jetzt gehts entweder links rum oder rechts rum in einer großen Schleife um diesen Altstadtkern herum.

  

Wir sind rechts herum gefahren noch ein Stück am Fährhafen und Frachthafen entlang, bis zu etwas, was Plaza de Espagna hieß. Hier gabs nen Parkplatz und hier haben wir das Auto abgestellt und uns von hier aus zu Fuß ins Zentrum der Altstadt durchgeschlagen.

Sofort empfangen einen kleine bis kleinste Gässchen, manche Gasse deutlich nur Wohnungen, die nächste Gasse dann lauter kleine Geschäfte. Also vom Ambiente wars sehr schön, wenn, ja wenn auch mal ein Laden aufgehabt hätte. Jeder Laden hatte einen Aufkleber im Fenster. Zu wegen Streik. Toll. Viele Leute waren auch nicht unterwegs. Und warum lag hier eigentlich überall so viel Müll rum ? Scheinbar waren hier durch die Gassen die Demonstrationszüge durchmarschiert und hatten den nicht abgeholten Müll mal schön auf der Straße verteilt. Also irgendwie war das nicht gerade einladend.

Irgendwann sind wir auf unseren Wegen auch auf dem Platz vor der großen Kathedrale rausgekommen. Das Teil war allerdings ziemlich zu. Wie ich später gelesen habe, wohl wegen Baufälligkeit. Ein Lichtblick war allerdings das am Platz eine Kneipe offen hatte ! Yeah ! The only open Kneipe in whole Cadiz. Der Name war irgendwas mit "Haus der 1000 Brötchen" oder so ähnlich. Und hier gab es unglaublich viele Minibrötchen und Minibaguettes die wie Tapas mit allerlei Köstlichkeiten belegt wurden. Und am heutigen Tag gab es zu allem Überfluss noch den großen Humpen Bier zum Preis von 2 Euro.

  

Nicht nur wir waren froh über eine offene Futterstätte. Der Laden quoll aus allen Nähten. Aber es war wirklich gut. Wir haben ausführlich die Baguettekarte rauf und runter gefuttert und uns die Getränke schmecken lassen. Zumindest von dem Stand aus hatte sich Cadiz schon gelohnt.

Wir haben uns dann durch die verdreckten Altstadtgassen wieder zurück zum Auto gerollt und haben einfach mal den Rundkurs weiter fortgesetzt. Man fährt recht nahe am Strand entlang auf dieser Uferpromenade. Hier hinten auf der Nord- und Westseite hat man einfach tolle Ausblicke aufs Meer. Im Westen ist noch das Castillo de Santa Catalina interessant und dann das Castillo de San Sebastian, welches weit draußen durch eine Landzunge verbunden im Meer liegt.

Wir haben beim San Sebastian angehalten, unser Auto höchst illegal im Haltverbot geparkt (war heute eh egal), und sind einfach mal diese Landzunge entlang zum Castillo gegangen. Links und rechts am Strand waren viele Leute. Die genossen den freien Tag. Bis ganz zum Castillo kommt man nicht, das ist wegen Renovierungsarbeiten geschlossen. Der Weg hin und zurück war aber ne willkommene Abwechslung zum bisherigen Autotag.

Cadiz hat übrigens mal als Kulisse für einen James Bond Film das Double für Havanna gespielt. Preisfrage in welchem Film ? Für "Stirb an einem anderen Tag".

Zurück haben wir die Schleife beendet und sind unten nicht wieder den ganzen schnurgeraden Boulevard zurückgefahren, sondern haben die oben schon erwähnte Abkürzung genommen, die einen über diverse Brückenbauwerke wieder aufs "Festland" gebracht hat.

  

Der Weg zurück nach Sevilla war genauso unspektakulär wie die Anreise. Wieder im Einzugsbereich von Sevilla haben wir uns noch ganz kurz verfahren, weil nicht ganz ersichtlich war, welcher Weg es zum Stadtzentrum war. Nach ein paar Ehrenrunden und letztendlicher Sichtung des Schildes "Centro di Ciudad", sind wir doch noch zum Hotel zurückgekommen. Vor der Tür war kein Parkplatz mehr frei, so haben wir uns beim benachbarten Taxistand hingestellt. Hat auch keinen interessiert. Die waren da ganz entspannt.

Wir hatten uns jetzt eigentlich nur noch vorgenommen, noch einen Laden zu finden, der uns noch was zu trinken verkaufte. Dieses Unterfangen stellte sich allerdings dann doch recht langwierig heraus. Wir sind die Eduardo Dato linker Hand hochgegangen. Alle möglichen Läden gabs, aber keine Lebensmittelläden. Irgendwann oben beim Stadion (Fußballstadion) war ein Lidl. Der hatte aber ziemlich zu. Wir sind dann abgebogen und fast am Bahnhof, beim Mediamarkt haben wir dann nen Laden gefunden der noch offen hatte. Am Hotel zurück war es jetzt schon 21 Uhr durch und keiner von uns hatte noch Lust irgendwas zu tun.

So haben wir den Abend ausklingen lassen aufm Balkon und uns noch ein wenig den Abendwind um die Nase wehen lassen.

 

       Sevilla intensiv  


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