13.03.2016 - Ein Markt für Alles
 

Das Auschecken beim Hill Resort wäre so einfach gewesen, wenn Strom da gewesen wäre. Als ich bezahlen wollte gabs keinen Strom und somit auch keine Kreditkartentransaktion. Ich bin dann erst mal frühstücken gegangen. Als ich zurück an die Rezeption kam gabs immer noch lange Gesichter. Ich war gerade schon meinen Bargeldbestand im Kopf am durchrechnen als diverse elektronische Geräte plötzlich wieder einen Lebenspieps von sich gaben. Jetzt aber schnell. Wir haben der Internetleitung noch einen Moment gegeben um sich zu beleben und dann haben wir schnell gesehen das die Kreditkarte durchging. Puh. Nochmal Glück gehabt.

Essen und Getränke musste ich allerdings trotzdem Bar bezahlen, nur der Übernachtungspreis wurde mit Karte abgerechnet. Komische Regelung.

Von Ranakpur nach Jodhpur sind es so ca. 150/160 Kilometer. Trotzdem dauerte die Fahrt wieder absurd lange. Also Autoreisen in Indien wären echt nicht meine Sache. Wir sind am frühen Nachmittag angekommen und jetzt stand erst einmal das Erreichen der Unterkunft für die nächsten zwei Nächte auf dem Programm. Während wir durch die Stadt fuhren (Jodhpur an sich ist schon etwas größer, die haben hier sogar sowas wie nen kleinen Flughafen) konnte man merken, das, je näher man dem alten Teil Jodhpurs kam, es immer dichteren Betrieb und immer mehr Tuktuks, Mopeds und Fahrräder gab. Rund um den Uhrenturm war dann alles in der Hand von Zwei- und Dreirädern.

Anil hatte es auch jetzt wieder geschafft quasi mit dem Einparken schon einen Tuktuk Fahrer einzuhalten und ihn für die Fahrt zum "Hotel" zu chartern. Allerdings wusste scheinbar der Tuktuk-Mann auch nicht so recht wo das "Geetha Mahal" nun sein könnte, man einigte sich aber darauf, das es irgendwo in den Gasen jenseits des Uhrenturms wäre. Also ging die Fahrt los und der Fahrer hat auch prompt an fast jeder Ecke angehalten und nach dem Weg gefragt. Interessanterweise hat er bei seinen Fragen auch sehr viel Schulterzucken geerntet. Ich dachte schon wir wären gleich hilflos in den Gassen verloren. Doch plötzlich, oh wunder, fahren wir auf eine angestrichene Hauswand zu, auf der ganz dick der Schriftzug "Geetha Mahal" zu sehen ist (und ein dicker roter Pfeil nach links). Hier hat mich der Fahrer dann rausgeschmissen, mit dem Hinweis, ich solle jetzt dem Pfeil folgen. Zum Glück habe ich dann aber das rostrote Haus (ich hatte vorher auf Tripadvisor ein Bild von dem Haus gesehen) auch gesehen.

Ich wurde unten sofort in Empfang genommen. El Scheffe hatte alle nötigen Infos auf seinem Handy vorliegen und ich wurde herzlich willkommen geheißen. Die Unterkunft ist eigentlich ein altes Wohnhaus, wo die Betreiber selbst wohnen. Die oberen 2 Etagen sind zu Gästezimmern ausgebaut und ganz oben auf dem Dach ist ein Restaurant. Das Zimmer war groß, ein großes Doppelbett, eine Klimaanlage und Platz die Tasche hinzustellen. Das Bad war auch OK. Die blauen Kacheln mit Wellenmuster und glücklichen Delphinen drauf waren allerdings schon fast ein bisschen zuviel des Guten.

 

 

Mein Zimmer war auf Ebene drei, direkt unter dem Rooftop-Restaurant. Hier hoch kam man nur durch ein abenteuerliches Treppenhaus, für das man eigentlich eine Bergsteigerausrüstung benötigt hätte. Von Etage 2 zu Etage 3 gabs an der Wand nur ne Kette, an der man sich hochziehen konnte um die ungleichen und unebenen Steinstufen zu meistern. Ich habe mir an den nächsten zwei Tagen mehrmals den Schädel angehauen, weil das Treppenhaus zusätzlich zur Kletterei verdammt niedrig war.

Also ich kann nur sagen, das Haus hatte Charm.

Nachdem ich mich eingerichtet hatte, bin ich sofort wieder los. Ich wollte ausprobieren, ob ich von hier den Weg zum Uhrenturm zurück wieder finden würde. Eigentlich war das garkein so großes Problem. Wenn man einmal die grobe Richtung erwischt hatte, kam man immer so ziemlich richtig raus.

Von meiner Richtung her kam ich immer zuerst an einem recht großen Laden vorbei der so ziemlich alles aus Holz verkaufte. Figürchen, Möbel, Laternen, große Figuren und und und. Der große Elefant vor der Türe war toll. Da hätte man aber bestimmt schon nen Hänger gebraucht um den wegzubringen. Also nix fürs Handgepäck. Gegenüber war ein Läden für Leitern und allgemein Holzstangen aller Art. Da konnte man im Vorbeigehen ne schöne handgefertigte Holzleiter mitnehmen. Hat auch was.

 

 

Durch das Tor an den vielen Tuktuks vorbei steht man dann mitten im Leben, sprich mitten im Basar von Jodhpur. Hier versammelt sich alles am Marktständen, was man nie zu träumen gewagt hat. Zuerst bin ich linkerhand marschiert und habe mich inmitten von vielen Obst- und Gemüseständen wiedergefunden. In den Gassen dahinter gibts viele Stände mit Reis und Gewürzen. Was nicht am Stand verkauft wird, fahren Männer auf mobilen Karren durch die Straßen. Knoblauchzehen, Rosinen (oder Datteln?) oder irgendwelches Brot.

Schlägt man eine andere Richtung ein, gehts in den Haushaltswaren-Bereich. Hier gibts alles vom Topf, der Kaffeemühle, dem Löffel bis zum Sieb oder der kleinen Spülbürste. Alles in Haufen teils kreuz und quer aufgetürmt.

Daneben dann die Klamotten und Schuhe. Schreiend bunte Textilien und große Berge von Plastiklatschen schreien nach Kundschaft.

Zwischendrin auf ein paar Quadratmetern freiem Platz tun Straßenfriseure ihr Handwerk oder es sitzen ein paar Schuster dort die Schuhe flicken. Ein kunterbuntes Treiben.

Das kurioseste war aber der ganze Bereich des Marktes wo offensichtlich nur alter Schrott verkauft wurde. Da gab es "Läden" die boten alte Netzteile und Festplatten an. Daneben standen viele ausgeschlachtete Home Trainer neben Benzinkanistern und Munitionskisten. Alte Hartschalenkoffer langen neben Haufen von Schraubenschlüsseln. Schrottige Fernseher wurden zusammen mit Mixern aus 7. Hand angeboten.

 

 

 

Ich bin hier noch recht lange geblieben und habe mir alles angesehen. Ich konnte mich hier fast nicht mehr satt sehen. Eine Gasse mit Schneidern hab ich noch erkundet. Da hätte man sich in Rekordzeit neue Garderobe machen lassen können. Der Stoff lag draußen in Ballen vor der Türe und drinnen saßen Männer vor Schneidetischen und alten Kurbel-Nähmaschinen mit Fußantrieb. Herrlich herrlich herrlich.

Später habe ich mich dann doch losgerissen und versucht, jetzt einen anderen Weg zurück zu erkunden. Obwohl ich eigentlich ursprünglich in eine andere Richtung gegangen war, bin ich nach diversen Abzweigungen doch wieder auf den Weg von eben zurückgekommen. Also eine Gefahr sich zu verlaufen gabs scheinbar nicht. An neuralgischen Punkten trafen sich wundersamerweise immer alle Wege aus allen Richtungen :)

Gegenüber des Holz- und Leitergeschäfts konnte ich noch Zeuge werden, wie zwei junge Männer versuchten, irgendein Möbelstück (was mich an eine Art Unterstellbock erinnerte) mit ihrem Moped abzutransportieren. Sogar der Leiternfabrikant gegenüber hat sich köstlich darüber amüsiert. Die Zwei haben aber auch wirklich jede erdenkliche Position ausprobiert bis sie endlich geschafft hatten dieses Holzteil irgendwie auf dem Zweirad zu halten.

Später oben im Rooftop-Restaurant gabs kaltes Kingfisher. Die Speisekarte war jetzt nicht allzu ergiebig. Vegetarisch plus Pizza. Ich habe mich heute für Pizza entschieden. Die hat mich dann aber später eher an Tiefkühl Pizza erinnert. War nich so dolle.

 

Ungewohnt war, das es kein gewohntes Sitzmöbel gab. Man hat im Schneidersitz an niedrigen Tischchen gehockt oder gekniet. War sehr ungewohnt. Am Ende des Abends waren meine Beine eingeschlafen so das ich kaum noch die Treppe runtergekommen bin.

Dafür das ich von der Gasse eigentlich nur durch einen Fensterladen und ein Fliegengitter getrennt war, war es am Abend und in der Nacht eigentlich verdammt ruhig. Hätte jetzt gedacht das hier mehr Krach gewesen wäre.

Gute Nacht.

Live Bericht vom Abend des 13.3.
 

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