Freitag, 04.07.2014 - Wir faaahn mit der Eisenbahn
 

Ih bä früh. Musste heute recht früh raus um den Zug nach New Orleans zu kriegen. Beim Checkout habe ich dann direkt die neue Zaubervokabel für versteckte Kosten von denen nie die Rede ist, die aber hinterher auf der Rechnung stehen, kennengelernt : Resort Fee. Diese lustige Geheimgebühr durfte mir in den nächsten Tagen noch öfters begegnen. Die Frau an der Rezeption erklärte mir noch lang und breit was mit dieser täglichen Resort-Fee-Strafgebühr denn alles möglich gewesen wäre. Von Spa über Pool und Internet bis zum Shoe Shine hätte ich alles nutzen können. Auf meine Frage was wäre wenn ich das jetzt alles nicht genutzt hätte habe ich dann ein sehr freundlich verpacktes „Pech gehabt“ gehört.

Dafür habe ich mir dann draußen von einem der befrackten Hiwis ne Taxe herbeiwinken und mein Gepäck verladen lassen. Der Taxler ist dann auch in heißer Fahrt durch die Stadt gebraust und 5 Minuten später stand ich am Bahnhof. Was ich vorgestern, als ich die Lage gecheckt habe, garnicht gesehen hatte war, das dieses Bahnhofsding ein echt riesiges Gelände ist. Allerdings wars nur ein Schatten vergangener glorreicher Tage. Offensichtlich war mal ein riesiges Areal überbaut oder überdacht (Reste von Pfeilern standen noch überall) und es hatte deutlich mehr als das eine Gleis gegeben wo mein Amtrak Zug schon stand. Heute war der ganze Bereich schnöder Parkplatz. Nebenbei. Musste ich mir Sorgen machen das da irgendeine spezielle Polizei mit Bombenhunden über den Parkplatz ging und die Autos abschnüffeln lies?

  

Platzreservierung auf Amtrak-Art ist noch gute alte Handarbeit. Der Schaffner geht laufend durch den Zug, notiert sich die Nummern von freien Sitzen par Filzstift auf irgendwelche abgerissenen Zettel und drückt dann hinterher diese Zettelfetzen den Leuten beim Einstieg in die Hand. Wofür braucht man so dekadente Anzeigen wie bei uns im ICE ?

Der Zug ging pünktlich ab. Sehr gemütlich is das riesige Schiff durch den Rest Stadt und in die weitere Umgebung von Memphis gezockelt. Irgendwie hatte ich die ganze Zeit darauf gewartet das jetzt endlich mal einer Gas geben würde und die Schleichfahrt beenden würde. Aber nix. Für die nächsten Stunden (8 um genau zu sein) zockelte der Zug mit Gemütsruhe durch diverse Bundesstaaten.

  

  

Im Zug war echt viel Platz. Beinfreiheit war riesig. Am Sitz konnte man noch so etwas wie ne Unterschenkelauflage ausklappen. Damit konnte man sich fast lang hinlegen. Also ich fands gut. Später habe ich noch zwei freie Plätze nebeneinander gefunden. Die habe ich in Beschlag genommen und mich quer drüber ausgebreitet. So lässt sichs leben.

So gegen 9 Uhr bin ich mal auf Erkundung durch den Zug gegangen. Toiletten sind unten. Aha. Weiter gerade aus war so etwas wie ein Bistrowagen. Da gabs Kaffee und sonstige Kleinigkeiten. Frühstück war heute ein Kaffee und ein Snickers. Mit dem kochheissen Kaffe habe ich mich dann in den „Panorama-Observation-Car“ verzogen. Ein Wagen mit Scheiben auch im Dach wo teilweise Sitze gedreht mit Gesicht zur Scheibe angebracht waren so dass man hervorragend rausgucken konnte.

Lange hab ichs hier aber nicht ausgehalten. Der Wagen war von einer großen (oder zwei kleine, keine Ahnung) Gruppen schwarze Mitbürger in Beschlag genommen, die einen Krach und Tohuwabohu veranstaltet haben, das ich mich schnell zu meinem Liegesitz zurückgezogen habe.

  

  

Einzig nervig am Rest der Fahrt fand ich das Dauerhupen des Zuges. Wofür sollte das gut sein ? Auf freier Strecke, bei jedem Bahnübergang, bei jeder Holzhütte entlang der Schienen, bei jedem am Horizont fahrenden Auto Möööööööööp Mööööööööööp. Echt nervig. Der Lokführer hatte bestimmt am Abend ne Sehnenscheidentzündung vom vielen Hupe ziehen.

Ach ja und die vielen Durchsagen auf Kindergartenniveau waren auch sehr sonderbar. Beispiel vor jedem Bahnhof. Ja, wir erreichen gleich unseren Halt Dingsbums. Wenn Dingsbums NICHT ihr Fahrtziel ist, dann bleiben sie bitte im Zug und steigen NICHT aus ! Wenn Dingsbums ihr Fahrtziel ist, dann müssen sie jetzt aussteigen. Denken sie daran auszusteigen wenn sie heute nach Dingsbums wollten ! Und auf dem Niveau gings weiter. Schlimm.

Naja. Die Zeit ist rumgegangen und um ca. 15 Uhr bin ich in New Orleans ausm Zug gefallen (Ist ihr Fahrtziel New Orleans ? Dann müssen sie jetzt aussteigen. Sie müssen eh aussteigen, weil New Orleans ist die Endstation des Zuges ….). Nach Ausgabe vom Gepäck habe ich alle Leutchen draußen bei der Taxischlange wiedergefunden. Ich hatte mich dazu entschlossen mitm Taxi die kurze Strecke zum Hotel zu fahren, weil ich jetzt keine Lust hatte in der Hitze mit Gepäck mich auf den Weg zu ner Tramstation zu machen.

  

  

Der Taxi-Verteil-Spezialist hat mit der Frau sowas wie ne Flatrate von 10 Dollar ausgehandelt und ich durfte starten. Sie wusste wo das Hotel war und ich war im Handumdrehen da.

Das Wyndham La Belle Maison hatte ich auf einer mir vorher unbekannten Buchungsseite namens hotelopia gefunden. Es war zu dem Zeitpunkt das einzig bezahlbare Zimmer in ganz New Orleans welches auch noch vernünftig aussah und gute Kritiken hatte. Ich hatte schlicht übersehen das ich ja über den 4. Juli hier bin und viel zu spät angefangen nach Hotels zu suchen. Über Priceline habe ich garnix mehr bekommen und die anderen Verdächtigen wie hrs und booking wollten auch mehrere tausend Dollar für die paar Nächste haben.

Das Maison hatte mich jetzt etwas über tausend Euro gekostet. Dafür hatte ich aber auch, wie sich später herausstellen sollte, ein ganzes Apartment gemietet. Wohnraum, Schlafzimmer, Küche, Bad, Essecke. Huiuiui. Zuerst habe ich noch ein wenig geschwitzt. Die Frau konnte meine Buchung zuerst nicht finden. 4. Juli, die Stadt 110% Prozent belegt und ich steh da ohne Hotel ? Gott sei dank hat sie dann die Buchung doch wirklich noch gefunden (meine Gesichtsfarbe war schon etwas heller geworden mittlerweile). Direkt nach Aushändigung des Schlüssels wurde ich von irgendeinem Verkäufer gefangen genommen, der mir im Namen von Wyndham Resorts irgendwelche Anteile an Ferienresorts auf der Welt andrehen wollte ! Das wäre doch ein Schnäppchen, ich müsse nur 60.000 Dollar investieren und wäre Miteigentümer von ….. wasweissich. Außerdem gäbe es morgen früh ne Verlosung, ich müsste nur zur tollen Verkaufsveranstaltung kommen. Ja klar. Um weg zu kommen habe ich ihm ein Kommen fest zugesagt.

  

  

So ins Zimmer und Klamotten abstellen, wieder in Sommermodus verfallen (Bullenhitze draußen) und über die große Wohnung staunen. Dann gings raus. Vom Hotel war die Canal Street nur zwei Blocks weiter. Und hier brüllte das Leben. Huiii. Endlich mal was los.

Ich bin in die Decatur Street rein und dieser erst mal gefolgt. Erster Fund des frühen Abends das House Of Blues. Im weiteren Verlauf gabs noch etliche Kneipen und Restaurants. In der Gegend der Jackson Brewery hätte ich eigentlich laut Karte auf das Hard Rock Cafe treffen sollen. War aber nicht. Ein bisschen google später wusste ich auch, das die nicht mehr hier sondern jetzt mitten im Leben in der Bourbon Street sind. Ab der Jackson Brewery sieht man schon den großen grünen Fleck, den Jackson Square mit der großen St. Louis Cathedrale.

Als erstes bin ich aber mal ans Wasser gegangen. Hier ist man quasi fast direkt am Fluss. Der große Grünsteifen hier heißt der Woldenberg Park und von hier hat man beste Sicht über eine riesige Biegung des Mississippi. Um mich herum wurden schon etliche Buden aufgebaut. Bierstände und Fressbuden fürs Feuerwerk heute Abend.

  

  

Durch den Jackson Square Park durch habe ich mir die Gegend um die Kathedrale mal angeschaut. Echt wunderschön hier. Auf jedem Plätzchen war was los, jeder machte Musik und ein paar Handleser saßen auch noch rum. Alles umgeben von diesen wunderschönen 2-stöckigen Gebäuden mit umlaufenden Balkon und schmiedeeisernen Geländern. Großteils hübsch mit Fahnen und viel Grünzeug dekoriert. Ja. So genau habe ich mir eigentlich New Orleans vorgestellt.

In der Nähe im Crescent City Brewhouse habe ich erst einmal zu Abend gegessen. Frittierter Alligator gefolgt von einem schönen Steak. Hmmmm. Dann habe ich mich in Richtung der Bourbon Street orientiert. Diese „berühmte“ Straße musste ich mir ja mal ansehen. Tjaaa. Was soll ich sagen ? Zuerst einmal unglaublich viele Leute. Eigentlich war nur einander anschieben möglich zum Fortkommen. Die Straße ist links und rechts gepflastert mit diversen Läden jeglicher Couleur. Von Musikkneipen über „Gentlemen-Clubs“ bis zum „Chicken Shack“ ist alles dabei. Jeder Laden hat Ausschank zur Straße hin und jeder der rumläuft, hat entweder nen Bier oder irgendeinen absurd großen Margaritha-Bottich in der Hand. Es ist laut. Jeder Laden versucht den anderen zu übertönen.

   

  

Das alles wäre ja jetzt nicht so sehr schlimm. Aber hier sind jegliche Schwellen gefallen. Man sieht sehr viele Betrunkene (Männlein und Weiblein gleicherdings) von denen der eine oder andere auch gerne besinnungslos aufm Bürgersteig in seinen eigenen Körpersäften liegt. Dazu passte es, das die ganze Straße irgendwie in einen penetranten Erbrochenes- und Urinduft eingehüllt war, der definitiv nicht mein Fall war. Ich bin auf der einen Seite mal ein paar Block hochgegangen. Für den Weg auf der anderen Seite runter hat es dann schon nicht mehr gereicht. War echt zu eklig.

Durch ein paar Seitenstraßen (ein paar lustige Voodoo Läden hab ich dabei entdeckt) habe ich mich wieder in Richtung Wasser orientiert. Nahe der Haltestelle des Schaufelrad-Dampfers Natchez ist ein Pavillon und eine größere Plattform die etwas in den Fluss reingeht. Dort habe ich die nächsten 20 Minuten bis 21 Uhr bis zum Feuerwerk verbracht und die Leute beobachtet.

Ich hatte gedacht, das hier zum 4. Juli deutlich mehr los wäre.  Zumindest Feuerwerk gucken am Fluss gehörte offensichtlich nicht zu den Hauptbeschäftigungen am 4. Juli Abend. Punkt 9 Uhr ging das Feuerwerk von zwei Schiffen im Wasser los. Hat ca. ne Viertelstunde gedauert. Ooooohh aaaaaaahh Feuerwerk.

  

  

Anschließend habe ich mich doch nochmal überwunden zur Bourbon Street zu gehen. Jetzt war endgültig wegen Überfüllung gesperrt. Ich habs gerade noch geschafft mich ins Hard Rock Cafe zu zwängen und ein schönes Sam Adams zu ergattern.

Später noch zurück zur Canal Street war so ein Riesenbetrieb, das ich eigentlich froh war, ins Hotel zurück zu kommen. Direkt an der Canal sind übrigens noch diverse 24 Stunden-Supermärkte für den späten Durst oder Hunger. Die Gelegenheit zum soäten Einkauf habe ich gleich mal genutzt. Musste ja auch mal meine Küche in meiner Wohnung auffüllen :) So und nach dem doch nun schon langen Tag bin ich ganz brav so gegen 11 ins Bettchen.

  

  

 

 Memphis, Graceland        


Home

       Sumpftour